Die Eifel-Mosel ist mein 6er im Lotto
Mein erstes Ziel ist ein Dorf in der Eifel, wo ich aufgewachsen bin. Ich sehe es als großes Geschenk an, dass meine lieben Eltern dort immer noch zusammen wohnen und mein Bruderherz auch nicht weit weg wohnt. Ein absolutes Highlight ist auch meine Oma Lotte (95). Mit blonder Dauerwelle und rotem Lippenstift ist sie ein Vorbild für mich.
Aber so schön es zuhause ist, es gibt auch immer einen Wermutstropfen. Denn wenn ich unter dem Dach meiner Eltern wohne, bin ich wieder 12 Jahre alt. Nicht, dass ich mich so fühle… nein ganz im Gegenteil. Doch oftmals stelle ich mir die Frage, ob meine Eltern vergessen haben, dass ich in den 80ern geboren und eigentlich schon erwachsen bin.
Während ich das schreibe, muss ich schmunzeln. Du vielleicht auch, weil es dir vertraut ist. Mit Anfang 30 habe ich mich noch tierisch darüber aufgeregt und mich dagegen gewehrt, zuhause wieder 12 Jahre alt zu sein. Doch mit 37 Jahren freue ich mich über die innerliche Weisheit, auch das liebevoll anzunehmen und sie einfach so zu lassen wie sie sind.
Um ehrlich zu sein, finde ich das Leben bei meinen Eltern toll und fast wie in einem Detektivroman. Denn ich fühle mich ein bisschen wie Sherlock Holmes auf der Suche nach familiären Glaubenssätzen und Mustern, Ängsten und Blockaden, die ich noch gerne auflösen möchte, bevor ich meine Reise in den Süden antrete.
Meine Eltern sind echt wundervoll. Unglaublich, dass ich so ein Glück hatte, bei ihnen Kind sein zu dürfen. Ich nenne sie immer „Mein Sechser im Lotto“.
Wenn man älter wird, sollte man die Verantwortung übernehmen für das, was man von seinen Eltern an Denkweisen und Ansichten behalten oder aussortieren möchte. Damit bin ich zum ersten Mal in Kontakt gekommen als ich mich vor genau 10 Jahren als Künstlerin mit meinen Mandalas selbstständig gemacht habe. Sich selbstständig zu machen, obwohl man aus einer Beamtenfamilie kommt, bedeutet wirklich aus dem Sicherheitsdenken auszubrechen.
Denn nur, wenn man sich von vielen alten Mustern befreit, mit denen man aufgewachsen ist, kann man seinen Weg gehen und erfolgreich in seiner Selbstständigkeit sein. Sätze wie „brotlose Kunst“ oder „Künstler leben immer von der Hand in den Mund“ kenne ich sehr gut, und denen habe ich lange Glauben geschenkt. Aber lange ist eben nicht für immer… und somit bin ich über die Jahre recht gut darin geworden, meine Gedanken achtsam zu überprüfen und auszumisten. Denn wenn man gerade als Künstler auch anders denken will, um ganz neue Sichtweisen zu erlangen und auch auf anderen Wegen zu gehen, muss man ständig seine Komfortzone überlisten.
Diese Reise, die noch vor mir liegt, ist auch, ehrlich gesagt, eine Mutprobe. Denn ich gehe nun endlich einem lang ersehnten Traum nach, den ich seit Jahren vor mir her schiebe und immer gesagt habe „irgendwann“. Hast du auch einen Traum? Wenn ja, wann ist für dich eigentlich irgendwann?
Träume sind wirklich da, um gelebt zu werden, und es braucht auch immer Mut, um sie umzusetzen oder ihnen nachzugehen. Ich sehe meine Reise nicht als romantisches Wunschbild vom Reisen – ich sehe auch die Einsamkeit beim Reisen und auch weitere Hürden. Es kann einfach ALLES und auch NICHTS passieren. Ich lasse mich wirklich treiben – ohne großen Plan. Ich bin schon aufgeregt und habe Bammel, wenn ich nur daran denke, diese Fahrt ganz alleine auf mich zu nehmen. Diesem „Bammel“ werde ich tief in die Augen schauen, denn ich bin rebellisch. Ich mache gerne das, was mich im Inneren am meisten nervt, damit ich es los werde, um frei zu sein. Meine Kreativität ist mir dabei das beste Werkzeug.
Du wirst von mir einen ganz authentischen Bericht bekommen von der Erfüllung meines Traumes und was mich bewegt und mir so durch den Kopf jagt. Doch jetzt grüße ich dich noch einmal ganz herzlich aus der Eifel.
Deine Yvonne